Das "Maya-Projekt" "Maya
ist nicht das, was man sieht, sondern das, was dahinter ist"
Das Thema
Den Schädel kahl zu rasieren, war
historisch in der Regel etwas, was einer Person angetan wurde: zur Strafe, zur
Demütigung, zur Entpersonalisierung.
So geschehen bei untreuen,
germanischen Ehefrauen, bei Sklaven, US-Marines und KZ-Häftlingen.
Der kahlrasierte Schädel als
Zeichen für Diskriminierung und Unterdrückung - die Haartracht der
"underdogs".
Britische Arbeiterjugendliche
eigneten sich Ende der 60ger Jahre mit dem kahlrasierten Schädel als
"Skinheads" den Underdog-Status als Ausdruck ihres Protests an. Malcolm X
erinnerte mit dem X in seinem selbstgewählten Namen nicht nur an die den schwarzen
Sklaven versagte Bildung (diese "unterschrieben" häufig mit x) sondern rasierte
sich auch den Schädel, um an die Geschichte der Schwarzen in den USA sichtbar
anzuknüpfen und sich darin selbst zum Subjekt des Handelns zu machen.
Die Schwulenbewegung hat -
vergleichbar der Aneignung des diskriminierenden Begriffes "schwul" als Ausdruck
von Stolz und Selbstbewußtsein - die Glatze als Haartracht der underdogs salonfähig
gemacht.
In der Technoszene, wo sich homo-
und heterosexuelle Szenen heute zunehmend vermischen, fand dies seine Fortsetzung.
Der kahlrasierte Schädel bei
Frauen.
Als Hairstyle verbreitete sich das vor allem in der Lesbenszene, mit Ende der 90er Jahre
aber tragen zunehmend auch junge Heteras diese "Frisur". (populärstes Vorbild:
die Sängerin Sinead O'Connor trug erstmals 1987 Glatze)
Obwohl auch im Bezug auf
Haartrachten heute das anything-goes-Prinzip regiert, wird dieser Eingriff in die äußere
Erscheinung einer Person noch immer als extrem angesehen (im doppelten Sinne von:
eingeschätzt und gesehen); insbesondere wenn die Glatzenträger weiblich sind.
Dabei ist es höchst interessant,
wie unterschiedlich die Beweggründe der Frauen sind, die sich die Haare auf dem Kopf
stutzen und wie unterschiedlich die Kommentare derer, die dies wahrnehmen.
Es geht im Wesentlichen um
Identitätskonstruktion, die sich über Haare/Frisuren - auch immer noch als wesentliches
Merkmal von Geschlechtszugehörigkeit - vermittelt. Im Selbstbild und im Fremdbild.
Der Titel
Persönlicher Ausgangspunkt: Ein
schwuler Freund sagte einmal zu mir: "Du bist wie Maya. Maya ist nicht das, was man
sieht, sondern das was dahinter ist". Er meinte damit, dass meine Aussenwirkung (auch
vermittelt über meine kurzen Haare) ziemlich Anderes vermuten lässt, als das, was man in
mir bei näherem Kennenlernen erkennt.
Maya [Sanskrit >Illusion<,
Täuschung], Religionsgeschichte und Philosophie: Begriff in der
indischen Adwaita-Vedanta, nach dessen illusionistischen Monismus nur das all-eine Brahman
im eigentlichen Sinne existiert, während die vergängliche empirische Vielfalt durch
Maya, schöpferische Kraft Brahmans, bedingt ist, die somit Brahman einerseits offenbart,
andererseits aber verbirgt. Maya wird mit Vidya (Erkenntnis) und Avidya (Unwissenheit)
zusammengebracht
Im Buddhismus bezeichnet Maya die
sich ständig verändernde Welt der Erscheinungen, im Gegensatz zum unwandelbaren
Absoluten, der eigentlichen Welt.
Maya, Mutter des Buddha
Shakyamuni, (...) in der indischen Mythologie der Glücksgöttin Lakshmi gleichgesetzt.
(vgl. Brockhaus Enzyklopädie,
1992)
Historischer Ausgangspunkt
ist eine Auseinandersetzung mit
Haaren/Frisuren während des 1. Staatsexamens im Bereich Design. Das Forschungsinteresse
damals:
"Haarkultur: Die Rückkehr von Haarklammer, Zopf und Scheitel. Attribute
kindlich-femininerer Frauen und männlicherer Männer - gibt es ein Vorwärts in die
Vergangenheit? Ähnlichkeit zwischen der Nazizeit und heute?"
In meiner Referendariatszeit habe
ich mit einer 11. Klasse angefangen, zum Thema "Hairstyles. Stilmix heute und seine
Quellen" zu arbeiten.
Dabei hat sich als besonders
spannend erwiesen:
Der kahlrasierte Schädel bei Frauen.
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